Das ist Ihr gutes Recht in der Nachbarschaft
Wohl in kaum einem Verhältnis kommt es zu mehr Spannungen und Uneinigkeit, als in der Nachbarschaft. Wie heißt es so schön, Nachbarn kann man sich nicht immer aussuchen. Und die Liste der Streitpunkte ist lang: Wem gehört das Fallobst? Wie oft darf mein Nachbar grillen? Wie laut darf mein Nachbar Musik hören? Was dürfen Haustiere? Wer muss für den Zaun aufkommen? Oft lassen sich Streitigkeiten mit gegenseitiger Rücksichtnahme, Verständnis und etwas gesundem Menschenverstand ad acta legen. Aber viel zu oft sehen sich beide Parteien im Recht und geraten in Konflikt. In letzter Instanz landet dann ein Nachbarschaftsstreit vor Gericht, wo auf Grundlage von Gesetzen entschieden wird.
Welche Gesetze gibt es in Deutschland zum Nachbarschaftsrecht?
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB; § 903ff) findet sich eine bundesweit gültige Regelung zum Nachbarschaftsrecht. Darüber hinaus bieten die Landesbauordnungen zahlreiche Rechtsquellen für die Rechtsprechung in nachbarschaftlichen Konflikten. Letzten Endes besitzen aber die jeweiligen Bundesländer ihre eigenen Nachbarschaftsrechtsgesetze, die sich hauptsächlich durch konkrete Regelungen in Sachen Abständen oder Höhen unterscheiden. Beispiel: Die Regelung für die Einfriedung durch einen Sichtschutzzaun sieht in Bayern eine Höhe von 2 Metern vor. In Niedersachsen darf eine Einfriedung an der Grenze nur 1,80 Meter hoch sein.
Was dürfen meine Nachbarn?
Allgemeinen Schätzungen nach finden jährlich rund 500.000 Gerichtsprozesse auf diesem Gebiet des Nachbarschaftsrechts statt. Und auch wenn vieles gesetzlich geregelt ist, hängt vieles auch vom jeweiligen Einzelfall ab. Wenn zum Beispiel der Hund zu laut bellt oder die schöne Aussicht verbaut wird oder der Nachbar zu laut in seiner Wohnung musiziert.
Hier die häufigsten Streitpunkte, in denen es Unstimmigkeiten gibt:
Lärm
Die zum Teil unüberhörbare Tonkulisse von Kindern und Säuglingen kann niemand verbieten. Das gilt für draußen genauso wie für drinnen. Für alle anderen Dinge gibt es Ruhezeiten. Allgemeine Ruhezeiten sind nicht gesetzlich verankert, jedoch werden sie oftmals durch die Hausordnung oder den Mietvertrag vorgeschrieben. Auch Städte und Gemeinden können Ruhezeiten regional festlegen. Als Mittagsruhe gilt in der Regel die Zeit zwischen 12 und 15 Uhr, als Nachtruhe 22 bis 6 Uhr.
Laut Geräte- und Maschinenlärmschutzverordnung ist der Einsatz von Maschinen an Sonn- und Feiertagen grundsätzlich verboten. Hinzu kommt eine Sonderregelung für besonders laute Gerätegruppen. Laut Lärmschutzverordnung ist die Benutzung von Grastrimmern/Graskantenschneidern mit Verbrennungsmotor, Freischneidern, Laubbläsern und Laubsaugern im Freien zusätzlich eingeschränkt: nämlich von 9 bis 13 Uhr und von 15 bis 17 Uhr – es sei denn, sie tragen das EU-Umweltzeichen.
Betretungsrecht
Wir erklären in diesem Zusammenhang, was mit Hammerschlag- und Leiterrecht gemeint ist. Hintergrund des Hammerschlags- und Leiterrechts ist, dass manche Arbeiten ausschließlich vom Nachbargrundstück aus durchgeführt werden können. Ist dies der Fall, dann darf das Grundstück Ihres Nachbarn betreten werden. Etwa um Reparaturen am eigenen Haus oder Baumpflege durchzuführen. Wenn zum Beispiel die Regenrinne besser vom Nachbargrundstück aus zu reinigen ist, so dürfen Leitern oder Gerüste für notwendige Arbeiten auf dem Nachbargrundstück aufgestellt werden. Es versteht sich natürlich von selbst, dass alle Schäden, die dadurch entstanden sind, vom Verursacher zu begleichen sind.
Geruchsbelästigung
Besonders beim Grillen gehen die Vorstellungen von Recht und Unrecht gravierend auseinander. Grillen – was ist erlaubt? Grundsätzlich klärt in einem Mehrfamilienhaus bereits eine Hausordnung die gängigen Regeln zum Grillen. Und solange in der Hausordnung kein ausdrückliches Verbot steht, ist das Grillen unter der Einhaltung gewisser Regeln erlaubt. Im Großen und Ganzen dürfen die Nachbarn durch das Grillen nicht zu stark beeinträchtigt werden. Denn der Grillrauch gilt als Beeinträchtigung im Sinne der Immissionsschutzgesetze. Klare und eindeutige Gesetze gibt es hier nicht und daher ist ein verständnisvolles Miteinander besonders wichtig. Wenn die Grillparty aber zum Lärmproblem wird, dann gelten die vorgegebenen Ruhezeiten. Wie oft Grillpartys vertretbar sind, wird von der Rechtsprechung ganz uneinheitlich beurteilt. Das vertretbare Maß liegt rangiert bei viermal im Jahr, an dem bis 24 Uhr gefeiert werden darf.
Haustiere
Wo wir schon bei den nächsten Streitfällen sind: Haustiere. Was darf eine Katze? Nun, Katzen sind von Haus aus frei laufende Tiere, die sich schlecht überwachen lassen. Wenn also das Blumenbeet des Nachbarn zu Katzenklo wird, ist dies hinzunehmen. Das geht aus den Grundsätzen des nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses hervor. Aber auch das hat seine Grenzen. Zum Beispiel, wenn es zu viele Katzen werden. Das Landgericht Lüneburg hat entschieden, dass zwei frei laufende Katzen pro Nachbar okay sind. Ebenfalls hat das Landgericht Lüneburg entschieden, dass Katzen, die über geparkte Autos laufen und diese sogar beschmutzen oder beschädigen, nicht hinnehmbar sind. Wie das im Einzelnen dann umgesetzt werden soll, ist natürlich fraglich.
Was gilt für Hunde? Angefangen bei lautem Hundegebell, das zweifelsfrei einen Störfaktor darstellt, gibt es klare Regelungen. Generell gilt, dass Hunde zwischen 22 und 6 Uhr nicht bellen dürfen. Tagsüber gilt eine Richtlinie, die ein Bellen von bis zu 60 Minuten toleriert. Sollte das Gebell weder tags noch nachts nicht in den Griff zu bekommen sein, kann es sogar so weit gehen, dass die Polizei den oder die Hunde mitnimmt.
Grundstücksgrenze
Ganz gravierender Streitpunkt sind immer wieder die Grundstücksgrenzen. Insbesondere Hecken, Pflanzen, Bäume oder Zäune werden zur Grundlage eines ewig währenden Nachbarschafts-Zwists zwischen Grundstückseigentümern.
Überhängende Äste und Zweige sind ein Klassiker. Hier gilt: Wenn die Äste eine Beeinträchtigung darstellen, etwa durch das Behindern des Pflanzenwachstums auf dem eigenen Grundstück, dann müssen sie abgeschnitten werden. Achtung: Nicht selber zur Gartenschere greifen. Der Nachbar sollte erst eine Frist bekommen. Verstreicht die Frist, oder der Nachbar weigert er sich, die Äste zu schneiden, darf ein Gärtner mit dem Stutzen beauftragt werden – der Nachbar muss zahlen.
Wuchernde Ranken wie Wein oder Efeu müssen auch im Zaum gehalten werden.
Für Bäume, die auf der Grundstücksgrenze wachsen, sind alle beteiligten Nachbarn zuständig. Daraus folgt auch, dass diese Nachbarn zu gleichen Teilen haftbar werden, wenn dieser Baum umstürzt. Wichtig: Alle Nachbarn sind für den Baum verantwortlich und müssen rechtzeitig Maßnahmen gegen sein Umstürzen ergreifen.
Laub vom Nachbarbaum ist zwar ein anstrengendes Unterfangen, aber hinnehmbar. Die Gerichte sehen es meist als ortsübliche oder unwesentliche, zumutbare Verunreinigung.
Anders ist es mit den Wurzeln des Nachbarbaums. Wenn die Wurzeln den Rasen des Nachbarn zerstören, müssen diese entfernt werden.
Gibt es einen Grenzabstand zum Nachbargrundstück für die Terrasse? Die Terrasse sollte so angelegt werden, dass die vorgegebenen Mindestabstände der Bundesländer und Gemeinden eingehalten werden. Um keine Komplikationen zu riskieren, empfiehlt sich die Beratung durch einen Rechtsanwalt für Nachbarschaftsrecht.
Das Thema Grenzbebauung und Abstandsflächen regelt im Einzelnen die Abstände von Anbauten und Neubauten zum benachbarten Grundstück.
Nackt im Garten
Ein weiter Streitpunkt in der Nachbarschaft kann die Lust zur Nacktheit werden. Sich nackt im Garten sonnen, ist das in Ordnung? Wer meint, sich auf seinem eigenen Grundstück völlig seinen Gepflogenheiten hinzugeben, der täuscht sich. Denn schon das oben ohne Sonnen oder das nackte Duschen unter der Außendusche ist per Gesetz eine Straftat. Natürlich gilt, wo kein Kläger, da kein Richter. Aber Nachbarn, die sich am Anblick stören, können auf Unterlassung klagen.
Streit unter Nachbarn – So regeln Sie ihn am besten
Sollte es um Ruhestörung gehen, dann ist zu allererst der Nachbar der richtige Ansprechpartner. Egal in welcher Situation, es muss stets deeskalierend auf den Nachbarn zugegangen werden. In den meisten Fällen hilft ein klärendes Gespräch und die erhitzten Gemüter beruhigen sich.
Falls Worte nicht mehr helfen, ist bei Ruhestörung die Polizei zu konsultieren, um direkt einzugreifen. Alle anderen Vergehen werden im Fall einer Eskalation über das Gericht gehen. Aber – Gerichtsverfahren sind meist recht teuer. Deswegen gibt es in vielen Bundesländern außergerichtliche Schlichtungsverfahren, die im zwei- oder unteren dreistelligen Eurobereich liegen. Besonders bei Lappalien ist der Schlichtungsversuch über eine Schiedsstelle die Voraussetzung für eine Klage.
Scheitern aber sämtliche Versuche das ganze einvernehmlich zu klären, dann kann ein auf Nachbarschaftsrecht spezialisierter Anwalt helfen.
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